Düstere Schönheit: Soap&Skin im Freiheiz

Gestern wurde das Freiheiz in seinen Grundmauern erschüttert: Anja Plaschg alias Soap&Skin lieferte eine grandiose One-Woman-Show mit Ensemble ab, die noch lange in den Köpfen der Anwesend nachhallen wird.

Bedrohlich, faszinierend, verstörend und zauberhaft zugleich: Anja Plaschg kombiniert in ihrer Musik dramatische Klavier-Balladen mit kalten Maschinenbeats und einer morbiden Aura, die ihr erst mal einer nachmachen soll. Live kommt dazu noch ein erschütternd heftiger Bass, einer von der Sorte, der dein Blut im Takt durch den Körper zucken lässt. Dazu leidet die erst 21-jährige Österreicherin so hingebungsvoll auf der Bühne, dass Schrei und Gesang oft nicht mehr auseinander zu halten sind.

Ein Höhepunkt des Abends war dann auch der Song für ihren verstorbenen Vater: „Wo immer ich aufschlage/ Finde ich dich/ Du fällst im Schatten der Tage/ Als Stille und Stich/ Ich trink auf dich Dutzende Flaschen Wein/ Und will doch viel lieber eine Made sein.“ Der Song steigert sich fünf Minuten lang über einen fieberhaften Schrei bis zum Aufstand der Maschinen und Bläser. Kurz vor dem Höhepunkt bricht Anja plötzlich schluchzend ab, dreht sich zur Seite, dramatische Kunstpause, kriegt sich dann doch wieder – und lässt plötzlich und ohne Vorwarnung mit ohrenbetäubender Wucht eine Welle aus Beats, Orchester und Emotionen über das Publikum zusammenbrechen. Ich bin mir sicher, nun behaupten zu können, bei dem größten kollektiven Nackenhaaraufstellmoment im Freiheiz dabei gewesen zu sein.

Wie auf ihren CDs hat man auch live das Gefühl, Plaschg stünde mit ihrer Musik praktisch nackt vor einem. Und das, obwohl sie bei aller dargestellten Extrovertiertheit auf der Bühne nichts von sich preisgibt. Zwei Worte und ein paar angedeutete „Dankeschön“ sind alles. Auch den Blick ins Publikum vermeidet sie lieber. Gleichzeitig kann sie aber auch fast wie in Trance eine Art Vodoo-Headbanging-Tanz zu technoharten Beats aufführen. So wirken ihre Auftritte auch immer ein bisschen wie ein Theaterstück. Was gut ist, weil man sich sonst wirklich wie ein Voyeur vorkommen würde. Passend dazu verneigen sich die Musiker zum Schluss am Bühnenrand vor dem Publikum, Anja aber kommt nur kurz an die Seite, die Hand vor dem Gesicht, dreht sich schnell wieder um und verschwindet hinter dem Vorhang. Das Publikum klatschte noch sehr lange.