Auch das zweite Album von David Lynch ist so etwas wie der perfekte Soundtrack für seine eigenen Filme: surreal, düster und gespenstisch klingt sein elektronischer „Modern Blues“, wie der Kultregisseur seine Musik selbst beschreibt. Mit dabei ist diesmal Lykke Li, die die neue Julee Cruise gibt.
Es war wohl nur eine Frage der Zeit bis Allround-Talent David Lynch, hauptberuflich Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, nebenberuflich Maler, Fotograf und Schauspieler sowie Hobby-Möbeldesigner, Bar-Austatter und genereller Fan Transzendentaler Meditation, die Musik für sich entdeckt. Nach der Zusammenarbeit mit Sparklehorse und Danger Mouse war er auf den Geschmack gekommen, 2011 erschien sein Debütalbum „Crazy Clown Time“, das nicht nur unseren Edo aus den Socken haute, sondern uns mit „Stones Gone Up“ sogar einen Lunaland-Hit schenkte. Auch Kritiker und Film-Fans waren begeistert vom bisher unerhörten Musiker Lynch, der darauf seine Filmmotive einfach in Musik übersetzte.
Und dabei bleibt er auch auf „The Big Dream“. Das Schlagzeug schleppt sich konstant mit letzter Kraft durch die Tracks und Lynch näselt dazu Kurzgeschichten und Gedanken in den Vocoder während im Hinter- oder eher Vordergrund Effekte für die bedrohliche oder verträumte Stimmung sorgen, je nachdem wie das Ohr geschult ist. Das klingt wie schon beim letzten Mal nach nichts anderem als zu hundert Prozent David Lynch. Obwohl, doch: Nach „Twin Peaks“, „Mullholand Drive“, „Blue Velvet“…
Wer dem Erstling von Lynch schon „Längen“ vorgeworfen hat, wird diese auch auf „The Big Dream“ finden. Während die meisten Songs sich vom Tempo, Effekten und irgendwie auch Melodie kaum unterscheiden, gibt es diesmal für mich zumindest genau drei Highlights, die sich vom Rest absetzen (das nicht wiederzuerkennende Cover von Bob Dylan gehört nicht dazu): Die Bassline in „Cold Wind Blowin‘“, die in ihrer surrealen Verschwommenheit an die „Twin-Peaks“-Titelmelodie erinnert. Die im Vergleich zum restlichen Album sehr verträumte und eingängige Dreampop-Single „Are Your Sure“. Und natürlich – als abschließender Schlusssong – „I’m Waiting Here“, auf dem die Schwedin Lykke Li mit erstklassigem Hauchgesang die neue Julee Cruise gibt – Haus- und Hofsängerin Lynchs in seiner „Twin Peaks“-Zeit. Hört selbst.